Ein interessante Urkunde aus dem Dingelstädter Bestand im Kreisarchiv des Landkreises Eichsfeld.
Aloys Schaefer beschäftigt sich in seinem 1926 erschienen Buch „Geschichte der Stadt Dingelstädt“ in einem eigenen Kapitel mit der Entwicklung des Schulwesens in Dingelstädt. Alle späteren Veröffentlichungen zu diesem Thema beziehen sich mehr oder weniger auf seine Forschungsergebnisse.
Neben den entsprechenden Verordnungen der Landesherren zum Schulunterricht geht er auch auf die verschiedenen Stiftungen ein, die in der Mainzer Zeit ein wesentlicher Bestandteil der Besoldung der Lehrer waren. So stiftete bereits im Jahre 1607 der Besitzer der Großen Mühle, Johann Kreiß, ein Kapital von 300 Talern zum Unterhalt einer Freischule für „armer Leute Kind“. Die Zinsen aus diesem Kapital erhielt der jeweilige erste Knabenlehrer als Besoldung. Sie betrugen z.B. im Jahre 1695 15 Taler. Weitere Einnahmen erhielten die Lehrer durch den Organisten- und Küsterdienst. Daneben gab es auch Naturallieferungen, wie Brennholz aus dem Gemeindewald und das sogenannte Schulkorn, welches von den Gerechtigkeitsbesitzern eingesammelt wurde. Über diese „Lasten“ gab es aber oft Auseinandersetzungen, die auch zu Prozessen führten.
Eine Urkunde über eine solche gerichtliche Auseinandersetzung im Jahre 1744, die bisher in keiner Veröffentlichung erwähnt wurde, habe ich im Kreisarchiv gefunden. (Bestand Dingelstädt, A 2698) Neben der Streitsache, in der es um 4 Malter Korn und die freie Wohnung für den Schulmeister der Mädchenschule geht, sind vor allem die erwähnten Personen interessant, da durch sie die Liste der Schullehrer in Dingelstädt ergänzt werden kann.
Die Gründung einer Mädchenschule in Dingelstädt erfolgte im Jahre 1729. Sie ging ebenfalls auf eine Stiftung zurück. Die Witwe des Knabenlehrers Johann Eckardt bestimmte in ihrem Testament, das ihr Wohnhaus in der Lippe und eine halbe Hufe Land zur Errichtung einer Mädchenschule verwendet werden sollen.
Aloys Schaefer erwähnt als ersten Lehrer an der Mädchenschule Johannes Kreiß. Nach Schaefer war sein Nachfolger Emanuel Vogt dem 1773 der Lehrer Ignaz Wand folgte, welcher erst 1818 im Alter von 80 Jahren pensioniert wurde. Er war der Vater des späteren Hildesheimer Bischofs Jakob Josef Wand.
Diese Reihe der Mädchen-Schullehrer ist für diesen Zeitraum nicht vollständig, wie die aufgefundene Urkunde beweißt! In ihr werden zwei weitere Mädchen-Schulmeister genannt, und auf einen möglichen dritten gibt es einen Hinweis.
Die Übertragung der Urkunde in heutiges Deutsch war nicht einfach, da der Text viele lateinischen Textstellen enthielt und auch die deutschen Formulierungen nicht ganz einfach zu verstehen sind (was ja auch heute noch bei Gericht vorkommen soll!).
Worum geht es in dieser Urkunde:
Auf der Gerichtsstube versammelten sich am 16. Oktober 1744, mittags nach geschehenem Glockenschlag, die stimmberechtigten Einwohner Dingelstädts vor dem Notar Wilhelm Turin und zweier Zeugen, Hans Henrich Henckel aus Geernroda und Philip Friedrich aus Kleinbarthloff. Sie geben zu Protokoll, daß dem ehemals „hier gewesenen mädtgen schulmeister hl (hochlöblichen) philip Steinmetzen wegen seiner besonderen geschicklichkeit die jugend zu informieren 4 malter Korn und die freye Wohnung sub revocabili precario (unter Rücknahme bittweise) zugestanden worden“ sei. Dieses sei also auf des Steinmetzens Person gerichtet gewesen und ist durch dessen Hinwegziehen erloschen.
Weiter heißt es dann: „ . . . so trügen sie nunmehro bedenken, solches ferner abzugeben, sondern wolten ein solches hiermit dergestalt, wie schon bey des bathhauers zeiten geschehen nachmahlen re . . . (zurücknehmen) und ferner nicht gehalten seyen der jetzigen schulmeisterin frl Marian Claran Meyerin hinforth abzureichen.“
Wenn also Johann Kreiß 1729 der erste Mädchenschullehrer gewesen ist (Aloys Schaefer gibt dafür leider keine Quelle an), so war vor Emanuel Vogt, der 1745 angestellt wurde, mit Sicherheit Philip Steinmetz Mädchenschulmeister und Maria Clara Meyerin seine Nachfolgerin.
Das ist um so bemerkenswerter, da zu dieser Zeit Frauen im Schuldienst sicher eine absolute Ausnahme sind. Aus der Tatsache, daß schon 1745 Emanuel Vogt als Mädchenschulmeister eingestellt wurde, kann man schließen, daß es nur eine kurze Übergangszeit war, in der Maria Klara Meyerin die Mädchen unterrichtete.
Ob man aus der Formulierung „wie schon bey des bathhauers zeiten geschehen“ schlußfolgern kann, das schon vor Philip Steinmetz ein Schullehrer Bathhauer angestellt war, läßt sich aus dieser Urkunde nicht mit Sicherheit schließen. Ich habe in den entsprechenden Jahresrechnungen nach den in der Urkunde vorkommenden Namen gesucht aber keinen gefunden. Bei den Ausgabepositionen erscheint meistens nur die Formulierung „für den Schulmeister“ ohne Nennung des Namens.
Trotzdem kann mit dieser Urkunde die Dingelstädter Schulgeschichte um ein weiteres Mosaiksteinchen ergänzt werden.
Bedanken möchte ich mich herzlich bei der Kreisarchivarin, Frau Anja Seeboth, für die Hilfe bei der Übertragung des Textes.
Ewald Holbein
Quellen: Aloys Schaefer, Geschichte der Stadt Dingelstädt, Druck und Verlag Josef Heinevetter, Dingelstädt,.1926
Kreisarchiv Heiligenstadt, Bestand Dingelstädt, A 2698
Schulchronik der Regelschule „Johann Wolf“ Dingelstädt, ca. 1996
Die Urkunde hat folgenden Wortlaut:
In nomini domini nostrie Jesu Christi amen
Zu wissen kundt und offenbahr sey hiermit Jeder
männiglich daß im Jahr post Christum natum
ein tausend sieben hundert vier und viertzig indic-
tione Romanorum septima Regnante Seconissimo
potentissimo ac invictissiomo principe ac domino
domino Carolo Septima electa Romanorum impe-
ratore Semper augusto Rege germania, bohamia
etz etz. domino nostro Clementissiomo den sechszehnten
8bris in mittage die dahier zu Dingelstatt auf
beschehenen glockenschlag auf der gerichtsstube ver-
sammelten und unten specificate einwohner
hierselbst in gegenwartt derer beeden hierzu
erbettenen Zeugen benantlich Hanß Henrich Hen-
ckel aus gerrnroda und philip friedrich aus
klein barthloff mir daß .- . – . – .- . zu vernehmen
gegeben haben, wie daß Ehemals dem hier gewe-
senen mädtgen schulmeister hl philip Steinmetzen
wegen seiner besonderen geschicklichkeit die jugend
zu informiren 4 malter Korn und die freye wohnung
sub revocabili precario zugestanden worden. gleich
wie nun aber sothanes precarium .-.-.-.-.-.-.-.-. dings
auf des steinmetzens person gerichtet gewesen,
mithin durch dessen hinweg ziehen erloschen ist,
so trügen sie nunmehro bedenken, solches ferner
abzugeben, sondern wolten ein solches hiermit der-
gestalt, wie schon bey des bathhauers Zeiten geschehen,
nachmahlen re .-.-.-.-.-. und ferner nicht gehalten
seyen der Jetzigen schulmeisterin frl Marian
Claran Meyerin hinforth abzureichen, zu dem
Endt sie aus ihrem mittel .-.-.-.-.-. .-.-.-.-.-.-. und
Mstr Christoph Heinemann alß Syndicen donomini-
rat und denenselben freye macht und gewalt
aufgetragen haben wollten, in ihren nahmen
nicht nur die öfentliche aufkündigung zu thun,
sondern auch auf die Klage /: welche hiesige Commun
mit gedachter mädtgen schulmeisterin wegen deren
von dieser jährl praetendaten ihr aber nicht versproch-
en 4 malter Korn und Hauß zinß bey hochlöbl
Commissariat führen müße ./ noe communi-
tatis andtzuwortten mithin hierbey alle noth-
wendigkeiten zu besorgen, .-.-.-.-.-.-.-. alles sie alß
ihre eigene that sub solity clausalis praeintem
rati, grati, indemnitatis & hypotheia bonorum
in quantum satis agnosci.-.-.-.- und ihr Syndi-
cen über all vertreten wollten, wobey dan
dieselbe ferner erklärten, daß die Syndici
nicht nur gegenwärtige Klage, sondern auch
alle andern noch zu entstehende gemeinschaftl
angelegenheiten und prozesse sie mögen nahmen
haben und geführt werden wo sie wollen, ein-
und aus zuführen befugniß haben, Jedoch derselben
Jedesmahl einen zeitl hl schuldtheißen und ge-
meinen vorstehern nachricht geben sollten, mit bitte
.-.-.-.-.-.-.-. notary mögte solches Syndicat niederschreiben
und in ein offenes instrumentum bringen,
.-.-.-.-.-.-.-.-. ich den auch nachdeme die hierunten
Spezificirten einwohnern .-.-.-.-.-.-.-.-.-. alles mittels
gegebenen handtschlags in gegenwartt .-.-.-.-.-.-.-.-.
Zeugen nochmahlen bestattiget also gethan zu haben
hierdurch mit meiner eigenen handt auch nahmens
unterpfügte und beygedruckten notariats Signet
attestieren sollen und wollen. actum et supra
Nomina Constituentium
hans .-.-.-.-.-.-. .-.-.-.-.-.-.-. für sich und seine mutter
christian buchard
.-.-.-.-.-.-. brandt
Niclaus strecker
philip strecker jun.
philip strecker sen.
wilhelm schuchard
simon dolle
hanß georg weißenstein
christian mühr
adloph hucke
Valtin giebe
Johan Joseph schuchardt
Johannes heinebrodt
adam nauer
martin hollenbach
andreas schröter
adam schollmayer
adolph heddergott
Johannes werckmeister
friedrich koch
henrich heinebrodt
Wilhelm Eyerundt noe matris
philip Keppler propris & .-.-.-.-.-. noe max Keplers
Kinder
Christoph Iflandt
andreas kirchberg
hanß peter schollmayer für hening .-.-.-.-.-. canit de .-.-.-.-.
hanß strecker martini
adolph heinemann für seinen Vatter canita de .-.-.-.-.
peter müller für seinen Vater canit de .-. -. -. -.
Niclaus herwich
christian keppler
christian heinemann proprio et noe hanß adam Vatterodt
christoph hollenbach
hans georg buchardt
Jacob schatz proprio et liberorium noe
henrich wetzel für sich und Johannes wetzel
.-.-.-.-.-. henrich großen
Johannes heddergott
paul gabel
peter sander
christian schuchardt weber
andreas hainiche für seinen Vatter
otto windelmann
christoph müller für seinen Vatter hanß müller
wilhelm frankenberg
hanß henrich schuchardt
hanß adam strecker
henrich strecker
adam walthelm
christoph wiederholt auch für paul schotten canit de cato
valtin montags Ehefrau
henrich strecker für sich und christian schafer .-.-.-.-.
de cato
georg kirchberg koch
hl advocat Johan adam strecker
david rosenthal
melchior döhle für sich und mstr philip heinemann
.-.-.-.-.-.-.-.-.
Johannes heinevetter
georg adam moritz
martin kirchberg für Valtin mähler canit de cato
christian strecker noi matris
adam walthelm für Johannes .-.-.-.-.-.-. .-.-.-.-.-.
de cato
hl ambtsrichter hirstell für jacob großen .-.-.-.-.-. de cato
philip heinevetter
georg .-.-.-.-.-.-.-.
Johannes braun für frl hedwig sophia opfermann
barthel hartmann für seine mutter und
christoph gerlach .-.-.-.-.-. de cato
Maria Catharina Wiederholt für ihren Vatter
herman Wiederholt
simon schuchardts Ehefrau noi .-.-.-.-.-. de cato
peter Ernst
Johannes Eyerundt
Johannes herolt
Mstr christian schuchardt bäcker
Mstr bernardt hucke
martin weißenstein
andreas heinemanns Ehefrau für ihren mann
und Vatter peter heddergott
Mstr hans georg schuchardt
hans georg heinebrodt
hans georg kaufman
Mathes holbein für sich und Christian kieb
.-.-.-.-.-. de cato
Hnerich Engelhardt .-.-.-.-.-. .-.-.-.-.-. cato hl .-.-.-.-.-.-. hirstell
philip weißenstein
Martin mühr
Christian franckenberg
.-.-.-.-.-. Christian schröter .-.-.-.-. noe .-.-.-.-. de cato Christoph Sohn
Thomes Körner für sich und .-.-.-.-.-.-. Körner .-.-.-.-.
de cato
philipp schlottman .-.-.-.-.-.-. noe .-.-.-.-.-. .-.-.-.-.-.-. brandt
Christian schuchardt bäcker für martin schatztes
kinder
Mstr Christian Joseph gerlach
andreas mühr
ferdinand .-.-.-.-.-.-. Ehefrau
frane wilhelm Turin
LS .-.-.-.-. Imper .-.-.-.-.-.
juratas .-.-.-.-.-.-.
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